Keith Jarrett – The Köln Concert
Über die Veröffentlichung des legendären, unter unglücklichen Umständen stattfindenden Konzerts, das von der damals achtzehnjährigen Konzertveranstalterin Vera Brandes organisiert wurde.
Nach einer quälend langen Anfahrt von Lausanne (im R4) fand er ein lausiges Instrument vor, ein scheußliches Abendessen, und als er an jenem 24. Januar 1975 die Bühne der Kölner Oper betrat, war er, nach zwei schlaflosen Tagen, restlos erschöpft.
Bis heute wurden von dieser Aufnahme an die 3,5 Millionen Exemplare verkauft. Unter Jazzplatten wird das gerade mal von Miles Davis’ Kind of Blue übertroffen.
Die Aufnahme wurde 1975 bei der ECM als Doppelalbum auf Schallplatte veröffentlicht, ist seit 1983 als Einzel-CD erhältlich und umfasst vier Teile von insgesamt 67 Minuten Länge. Auch hier bei iTunes erhältlich.
Ich habe das Album vor 3 Jahren kennengelernt. Als CD von einer Bekannten bekommen habe, habe ich es auf einer längeren Autofahrt (11 Lautsprecher Eigenbausystem, es klingt dann schon nach einem Konzertsaal) angehört. Die ersten Takte haben mir schon eine Gänsehaut verpasst. Als ich mich dann mit der Hintergrundgeschichte dieses Albums beschäftigt habe wunderte es mich nicht das dieses Album 1975 einen Wahnsinnserfolg hatte.
Die technische Aufnahme ist hervorragend abgemischt. Das improvisierte Klavierspiel ein Geniestreich.
Die Geschichte zu diesem Album absolut lesenswert (Wiki):
Wie auch andere Solokonzerte von Keith Jarrett, etwa Solo Concerts Bremen/Lausanne, war The Köln Concert ein frei improvisiertes Konzert. Bei den Solokonzerten ist es der Anspruch von Jarrett, ohne jede musikalische Vorüberlegung und ohne Plan „aus dem Nichts heraus“ Musik zu schaffen. Er führt dazu aus: „Es ist immer wieder, als würde ich nackt auf die Bühne treten. Das Wichtigste bei einem Solokonzert ist die erste Note, die ich spiele, oder die ersten vier Noten. Wenn sie genug Spannung haben, folgt der Rest des Konzerts daraus fast selbstverständlich. Solokonzerte sind so ziemlich die enthüllendste psychologische Selbstanalyse, die ich mir vorstellen kann.“
Die Einspielung des Köln Concert fand unter extrem widrigen Umständen statt. Der Musiker hatte die Nacht zuvor fast nicht geschlafen, da er seit dem frühen Morgen mit seinem Produzenten im Auto von einem Konzert in der Schweiz angereist war. Der eigentlich ausgesuchte Konzertflügel war verwechselt worden. Jarrett musste auf einem mäßigen Stutzflügel spielen, der eigentlich nur für die Probenarbeit verwendet wurde und verstimmt war; zudem hakten die Pedale und einige Tasten klemmten. Sein Essen vor dem Konzert kam erst eine Viertelstunde vor der Rückkehr ins Opernhaus. Nur auf ausdrückliche Bitten der lokalen Veranstalterin Vera Brandes war Jarrett bereit, doch aufzutreten. Das Team wollte die Live-Aufnahme bereits streichen, als sich die Tontechniker darauf einigten, das ausverkaufte Kölner Konzert schließlich doch für interne Zwecke mitzuschneiden: Keith Jarrett passte das musikalische Geschehen dem Instrument an und beschränkte sich weitgehend auf die mittleren und tiefen Tonlagen, wobei er wiederholende Muster bevorzugte. Festgehalten wurde das Konzert durch den Toningenieur Martin Wieland (Tonstudio Bauer). Für die Aufnahme nutzte er zwei Neumann-U-67-Kondensatormikrofone und eine portable Telefunken-M-5-Bandmaschine.
Aufbau des Konzerts:
Das Konzert hat eine für Jarrett ungewöhnliche Einfachheit, Eingängigkeit und Geschlossenheit. Den ersten Teil begann Jarrett mit der Melodie des Pausengongs der Kölner Oper; im Publikum ist Lachen zu hören. Er entwickelte daraus ostinatohafte Motivfiguren, die er mit der linken Hand spielte, während er mit der rechten Hand kommentierte, variierte und auch Gegenfiguren entwickelte. Dem wurden in Part I ruhige, kaum merklich zwischen zwei Akkorden wechselnde harmonische Flächen gegenübergestellt, auf denen Jarrett repetitive Melodien entwickelte. „Was Jarrett hier an Motiven, an ruhigen wie triebhaften Momenten, an Spannung, ekstatischer Wohlklangserlösung und Entspannung aneinander reiht, ist schier überwältigend. Er scheint es gar nicht nötig zu haben, eine Idee länger zu verfolgen,“ analysiert sein Biograph Uwe Andersen.
Part IIa wird dagegen von einer ganz anderen Stimmung dominiert, die an die Lebensfreude und die Spiritualität eines Gospelgesanges erinnert. Zu Beginn dieses Teils spielte Jarrett ein rhythmisch akzentuiert gehämmertes 1-4-Ostinato in der linken Hand, über dem er mit der rechten Hand sehr tänzerisch spielte. Das mündete in eine „retardierende Fortsetzung, die die Stimmung und rhythmische Gliederung des Anfangs wieder aufnahm und in ein pathetisches, oszillierendes Finale überging, das leise, verhalten, meditativ endete“.
Part IIb hat deutliche Züge einer Elegie, gipfelt aber „in einem dreistimmigen Chor mit fast kathedraler Klanggewalt“.
Part IIc kann als ein „unabhängiges, schwebendes ‚Albumblatt‘“ begriffen werden; auch dieses Stück endet im Pianissimo.
Absolut hörenswert!
Was haltet ihr davon?
Wenn es jemand noch nicht haben sollte, ich kann Abhilfe schaffen…